Die Caritas Krankenhilfe will in ihren Einrichtungen den CO2-Fußabdruck deutlich verkleinern. Mit Hilfe eines Energie-Experten wurden bereits Maßnahmenpakete geschnürt und die nächsten konkreten Schritte vorbereitet. Doch schon jetzt setzen die Caritas-Kliniken auf Nachhaltigkeit wie zwei Beispiele zeigen:
Der Herr des Lichts kommt mit flotten Schritten den Flur entlang. Michael Stein ist seit 21 Jahren technischer Leiter im Malteser-Krankenhaus in Berlin-Charlottenburg – und damit auch für die Beleuchtung zuständig. “Wie viele Lampen wir hier haben, weiß ich nicht genau,” sagt er. Es dürften eine ganze Menge sein in der Klinik mit über 100 Betten.
“Licht ist für ein Krankenhaus enorm wichtig”, erklärt Michael Stein. “Ein gutes Lichtmanagement kann Heilungsprozesse fördern. Wir versuchen mit unserer Beleuchtung die Atmosphäre für Personal und Patienten zu verbessern.” Das bedeutet zunächst: Es ist heller geworden in den letzten fünf Jahren im Malteser-Krankenhaus. Ein Großteil der alten Leuchtstoffröhren wurde durch moderne und umweltfreundlichere LED-Röhren ersetzt. “Wir haben hier viel experimentiert”, berichtet der technische Leiter. Früher sei Warmweiß – die Lichtfarbe 830 – gang und gäbe gewesen. Das sei etwa so hell wie ein Teelicht. Heute setzt das Krankenhaus vor allem auf Tageslichtweiß und Neutralweiß. “Die Leute haben sich an das hellere Licht gewöhnt und finden das sehr gut”, betont der Fachmann. “Auch ich empfinde die neue Beleuchtung als wesentlich angenehmer und schattenfreier.”
Es geht jedoch nicht nur ums Wohlfühlen, sondern auch ums Energie-Sparen. Seit 2016 sind die LEDs im Einsatz – sowohl im Krankenhaus als auch im benachbarten Seniorenheim Haus Malta.
Die Leuchtstofflampen von früher verbrauchen 120 Watt für eine Lampe mit zwei Röhren. Die neuen LED-Lampen benötigen nur ein Drittel davon. “Natürlich sind die LEDs erst einmal eine hohe Investition”, räumt Michel Stein ein, “aber die amortisiert sich nach anderthalb Jahren.” Außerdem halten die LED-Röhren mindestens fünf Jahre und damit doppelt so lang wie Leuchtstoffröhren. Die Folge: Es müssen 80 Prozent weniger defekte Leuchtmittel ausgetauscht werden. Dadurch entsteht weniger Abfall.
Das Malteser-Krankenhaus will Schritt für Schritt grüner werden. 2015 wurde die Fassade wärmegedämmt. Nun ist die Heizung dran. Sie ist inzwischen 30 Jahre alt und muss dringend modernisiert werden.
In der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung in Berlin-Pankow ist das schon passiert. Dort steht in den Technikräumen ein nagelneues Blockheizkraftwerk. Von außen ein unscheinbarer grauer Kasten, von innen eine Installation in frischem, saftigen Grün. “Noch vor Weihnachten werden wir Testläufe machen und im neuen Jahr den Betrieb starten”, kündigt der technische Leiter Paul Kirchmair an. Dann erklärt er, wie so ein Blockheizkraft überhaupt funktioniert: “Ein Motor erzeugt mit Erdgas Strom über einen Generator. Die Wärme, die durch das Kühlwasser und durch die Abgase entsteht, wird aufgefangen. Es geht also kaum Energie verloren wie bei den üblichen Heizungsanlagen. Die Energie wird genutzt, um das Krankenhaus zu beheizen und mit warmem Wasser zu versorgen.”
Kraft-Wärme-Kopplung heißt der Fachbegriff. Das spart Strom und rechnet sich. Von 60.000 Euro weniger im Jahr geht Paul Kirchmair aus. “Zwei Drittel unseres Bedarfs erzeugen wir mit dieser Maschine – das sind 1,3 Millionen Kilowattstunden im Jahr”, betont der Technik-Chef. Der selbst produzierte Strom ist günstiger als der zugekaufte. Außerdem wird der Wärmebedarf des Krankenhauses durch eine intelligente Steuerung gemessen. Es wird immer so viel Warmwasser und Heizungswärme hergestellt, wie gerade benötigt wird. “An warmen Tagen kann das Blockheizkraft auch mal stundenlang stillstehen”, sagt Paul Kirchmair.
Durch die clevere und effiziente Energie-Nutzung wird weniger CO2 ausgestoßen. “Wir sparen fast 500 Tonnen CO2 pro Jahr”, sagt Paul Kirchmair und wirkt dabei ein wenig stolz. “Dabei wird das Blockheizkraftwerk 6000 Stunden pro Jahr in Betrieb sein – und das für mindestens zehn Jahre.” Vergleiche man das mit der Laufleistung eines Autos, hieße das: Man könnte damit 360.000 Kilometer im Jahr fahren.
Das neue Blockheizkraft hat sich noch nicht überall im Haus herumgesprochen. Personal und Patienten wertschätzen es jedoch, dass die Caritas zum Klimaschutz beiträgt. Ein älterer Mann, der sich draußen die Beine vertritt, sagt: “Ich bin hier, um gesund zu werden. Wenn dabei auch noch die Umwelt geschont wird, finde ich das richtig gut.”
Text: Carmen Gräf
Fotos: Walter Wetzler
Im Interview erklären der Geschäftsführer der Caritas Krankenhilfe, Dr. Sven Reisner, und Energie-Experte Beat Geissler, warum es Sinn macht, im Verbund der Caritas-Gesundheitseinrichtungen den CO2-Verbrauch zu reduzieren und wie die weitere Umsetzung konkret aussehen soll.
Herr Dr. Reisner, was hat Sie bewogen sich als Geschäftsführer des Themas CO2-Reduktion anzunehmen?
Man muss das Thema CO2-Reduktion als Gesamtgebilde betrachten. Zunächst einmal sind wir eine von christlichem Gedankengut geleitete Organisation. Papst Franziskus hat uns in diesem Jahr zum wiederholten Male daran erinnert, dass Umweltschutz für die Bewahrung der Schöpfung unerlässlich ist und dass wir in der Verantwortung stehen. Wir wollen uns dieser gesellschaftlichen Verantwortung stellen; die Zeit zu handeln ist jetzt! Neben dieser wichtigen moralischen Komponente gibt es viele weitere Gründe das Thema CO2-Reduktion oben auf unsere Agenda zu stellen.
Wenn wir intelligente Maßnahmen ergreifen, die den CO2-Fußabdruck verkleinern, dann schaffen wir gleichzeitig einen großen Wert für unsere Institution. Das zeigt sich auch in sinkenden operativen Kosten. Wir verschwenden dadurch folglich weniger Ressourcen und können unsere Mittel besser einsetzen. Wir sind eine Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, Menschen in schwierigen gesundheitlichen Situationen zu helfen. Und Geld, das wir nicht unnötiger Weise in Rechnungen von Energieversorgern stecken, können wir dort ausgeben, wo es den Menschen unmittelbar bei der Heilung hilft. Andrerseits ist es so, dass nachhaltig orientierte Organisationen auch für die Mitarbeiter attraktiver sind. Gerade junge Menschen fordern zu Recht, dass ihr Arbeitgeber seinen Teil beiträgt. Ein Unternehmen mit dessen Zielen sich die Menschen identifizieren, wird es bei der Suche nach neuen Fachkräften leichter haben.“
Sie haben sich ambitionierte Ziele gesetzt: bis zu 30 Prozent Reduktion der Energiekosten. Wie wollen Sie das erreichen, Herr Dr. Reisner?
Wir werden den Energie-Reduktions-Hebel so ansetzen, dass die geschäftskritischen Bereiche zu jederzeit energetisch voll versorgt sind, jedoch Nebenprozesse wie eine Küche oder Licht in den Gängen maximal energetisch angepasst werden. Damit erreichen wir bereits etwa 15 bis 25 Prozent Kostensenkung und eine signifikante CO2-Reduktion. Unsere Einschätzung ergibt, dass wir beispielsweise am Standort der Caritas-Klinik Dominikus bis zu 400 Tonnen CO2 jedes Jahr einsparen können. Die Firma hibyrd hat für uns ein Paket von Maßnahmen geschnürt, dass uns die Arbeit sehr erleichtert. Von der Analyse der Einsparpotenziale über die Beschaffung der benötigten Hardware bis hin zur Herbeiführung der Finanzierung kann aus einer Hand erfolgen. Mit hibyrd haben wir zudem einen Partner, der ausschließlich im Sinne des Kunden handelt und unabhängig von etwaigen Lieferanten arbeitet. Ohne diese Unterstützung wären die ersten Maßnahmen nicht in der Kürze der Zeit möglich gewesen.
Herr Geissler, was macht Ihr Unternehmen konkret, um die Caritas Krankenhilfe Berlin bei dem Vorhaben zu unterstützen?
Wir sind ein absolut kundenfokussiertes Unternehmen. Das heißt, wir hören genau zu, um die Bedarfe unserer Kunden zu verstehen, um dann entsprechend darauf einzugehen und handeln zu können. Mit Dr. Reisner haben wir einen Ansprechpartner auf Kundenseite, der Dinge vorantreibt und zügig umgesetzt sehen will. Das ist sehr wichtig, um auch schnell gute Ergebnisse zu erreichen. Unsere Kunden wiederum können sich darauf verlassen, dass wir bei der Installation unserer Maßnahmen den laufenden Betrieb so wenig wie möglich beinträchtigen. Um ein Beispiel aus dem Klinikumfeld zu wählen: Wir arbeiten, wenn möglich, nach dem gleichen Prinzip wie Ihre Chirurgen, nämlich minimal invasiv.
Welche Maßnahmen sehen Sie als die wichtigsten an, um diese CO2 Ziele in der Caritas Krankenhilfe Berlin zu erreichen, Herr Geissler?
Wir reden hier über ein Bündel von Maßnahmen, die im Gesamtkontext alle ihre Berechtigung haben. Wir haben die Maßnahmen für uns in 3 Stufen eingeteilt. Wir beginnen hier mit Stufe 1, um den Elektrizitätsverbrauch zu senken. Diese Maßnahme lässt sich bereits innerhalb weniger Wochen umsetzen. Stufe 2 befasst sich unter anderem mit dem Heizungssystem oder der Beleuchtung. In Stufe 3 reden wir über die Digitalisierung des Gebäudes, also die Schaffung eines „intelligenten“ Gebäudes, mit deren Hilfe sich zum einen weitere Effizienzpotenziale erschließen lassen, zum anderen aber auch Transparenz über Vorgänge im Gebäude geschafft wird, die zuvor verborgen waren. Stufe 1 und 2 sind in den meisten Fällen die Voraussetzung für die Stufe 3. Man kann davon ausgehen, dass >95 Prozent aller Bestandsimmobilien heute „dumm“ sind, das heißt, leider noch nicht die Daten zur Verfügung stellen können, welche zum Beispiel ein selbstlernendes System – wie wir es in Stufe 3 einsetzen – benötigt. Solche Systeme werden zeitnah unabdingbar, um kontinuierlich den CO2-Fußabdruck relativ zu den Anforderungen im Betrieb zu senken. Das zu ermöglichen ist eine unserer großen Aufgaben der nahen Zukunft.
Können Sie uns die Wirkungsweise der Maßnahme der Stufe 1 näher erklären? Wie funktioniert das genau?
Unsere Kunden haben schon verstanden, dass die Erreichung der Klimaziele kein 100-Meter-Sprint sein kann und man sich schon eher auf einem Marathonlauf befindet. Dennoch ist es wünschenswert, dass man auch in sehr kurzer Zeit bereits maximalen Impact erzielen kann. Das Erreichen wir in der Stufe 1 in der Regel über ‚Spannungs-Management‘. Wir optimieren den Stromverbrauch zwischen Einspeisung der Energieversorger und den Lastenträgern im Hause so, dass der Kunde in der Tat auch nur das an Strom zieht, was er wirklich benötigt und dadurch maximal seine Kosten senkt. Wir sehen das als einen kleinen Beitrag ans Klima durch die Energieversorger, aber einen großen Beitrag durch hibyrd an die CO2-Bilanz und an die operativen Margen unseres Kunden.
Gibt es Beispiele aus anderen Branchen, die Sie auf die Krankenhauswelt anwenden können?
Es gibt einen Grundkatalog von Maßnahmen, der für fast alle betrieblich genutzten Immobilien umsetzbar ist und Sinn macht. Wir sprachen eben über Digitalisierung. Ein gutes Beispiel wie sich diese über Branchen hinweg übertragen lässt ist ein so genannter „Digitaler Zwilling“. Ein Digitaler Zwilling ist eine digital simulierte Darstellung eines Gebäudes und der darin verankerten Prozesse. Mit Hilfe eines solchen Modells kann man Prozesse virtuell simulieren und optimieren, ohne dass man diese Optimierung baulich bereits hergeführt hat. Das funktioniert unter anderem erfolgreich bei Produktionsprozessen in der Industrie. Das funktioniert mit ähnlichen Modellen aber beispielsweise auch, um die benötigten Fahrstuhlkapazitäten in einem Krankenhaus zu ermitteln. So können wir beispielweise das, was wir in der Automobilindustrie oder in der Raumfahrt gelernt haben, auch im Gesundheitswesen anwenden.“
Herr Dr. Reisner, setzt das nicht alles auch hohe Investitionen voraus? Wie kann sich das die Caritas Krankenhilfe leisten?
CO2-Reduktion, Energie und Kosten sparen gehen Hand in Hand. Von hibyrd kann ich den Klimaschutz quasi mieten. Das heißt, ich muss nicht zwingend eine unmittelbare große Investition leisten. Unsere monatlichen Einsparungen sind von Beginn an höher als die Kosten. So gesehen können wir uns Klimaschutz immer leisten, wenn das Bündel an Energie-Effizienz-Maßnahmen smart ausgesucht und schnell im laufenden Betrieb integriert wird. Staatliche Förderprogramme können für einige Maßnahmen greifen. Allerdings wäre in diesem Bereich eine deutliche Reduzierung der Bürokratie wünschenswert.
Warum spielt das Thema in vielen Gesundheitseinrichtungen nach Ihrer Einschätzung noch eine untergeordnete Rolle?
Dr. Reisner: Wir stehen am Anfang einer „Reise“. Das heißt wir lernen jetzt, was man heute bereits tun kann und werden morgen noch mehr tun wollen. Ich denke, wir tun momentan genau das Richtige: Wir reduzieren mit einfachen Maßnahmen, wie uns das hibyrd vorgeschlagen hat, nun erst einmal bis zu ca. 30 Prozent Strom und Gas. Und werden dann Schritt um Schritt weitere Energie-Effizienz-Maßnahmen und Intelligenz ins Gebäude bringen, um weitere Potentiale zu erschließen.
Ich denke viele Krankenhäuser oder Altenpflegeeinrichtungen haben in diesem Bereich zwar die Idee etwas machen zu wollen, es fehlt aber häufig der konkrete Leitfaden und Maßnahmenkatalog, der auch nüchtern Investition und Ergebnis im Sinne eines so genannten Return on Investment betrachtet und damit eine Entscheidungsgrundlage für das Management bietet. hybird hat uns an dieser Stelle natürlich eine große Hilfestellung geleistet.
Herr Geissler: Es gilt häufig auch noch gedankliche Barrieren zu überwinden. Aus der Vergangenheit wissen wir von Projekten, die komplett ausgearbeitet waren, in Punkto CO2-Reduzierung und betriebswirtschaftlich viel Sinn gemacht hätten, die aber trotzdem nicht umgesetzt wurden. Man kann also nur erneut unterstreichen, dass es auf die handelnden Personen ankommt. Und die Betonung liegt hier auf „Handeln“.
Was würden Sie anderen Einrichtungen aufgrund Ihrer Erfahrungen empfehlen? Wie könnte man sich diesen Themen zielgerichtet nähern?
Herr Geissler: Wichtig erscheint mir, dass wir heute bereits das tun, was sofort einen signifikanten Impact erzielen lässt. Deshalb bringen wir unser Spannungs-Management-System immer als erstes ein, weil es je nach Immobilie bis zu 20 Prozent Strom einsparen kann, und zwar ab dem ersten Tag der Installation. Die Maßnahme bezahlt im Prinzip der Energieversorger, weil er weniger Strom liefern kann. Aber für die Kunden sind das erhebliche Mittel die nun sinnvoller benutzt werden können. Dann ist wichtig, dass wir sehr intelligent mit der Gebäudehülle und dem Geschäft, das darin stattfindet, umgehen. Da kommt unser digitaler Zwilling ins Spiel, mit dem wir vorausschauend für unsere Kunden Effizienzsteigerungen und CO2-Reduktionen erzielen. Wir empfehlen allen unseren Kunden, sich auf eine Reise zu begeben. Um mit Konfuzius zu sprechen: Der Weg ist das Ziel.
Dr. Reisner: Ich kann meine Kollegen in vergleichbaren Positionen nur ermutigen, das Thema CO2-Reduktion offensiv auf die Agenda zu setzen und keine Scheu zu haben. Die Vorteile durch die CO2-Reduktion und die Senkung der operativen Kosten wiegen bei weitem die Arbeit auf, der es im Vorfeld bedarf: nämlich der Beschaffung aller relevanten Verbrauchsdaten. Aber auch bei diesem Thema wird uns die Digitalisierung in Zukunft sicher unterstützen. Wenn die Datentransparenz erstmal geschaffen wurde, ist ein großes Stück des Weges bereits zurückgelegt.
Vielen Dank für das Interview.